Montag, 3. Dezember 2007

100% Japan

Freitag abend hatten wir die seltene Gelegenheit ein Konzert traditionell japanischer Musik zu besuchen. Die nette Dame aus dem Gemeindezentrum, mit der Katze Samstags immer Japanisch übt, hatte uns erfreulicherweise freien Eintritt verschaffen können, da ihre Schwägerin der Star des Abends war. Ohne viel Ahnung davon zu haben, was uns erwarten würde, nahmen wir gespannt im fast ausverkauften Konzertsaal Platz. Wir wussten vorher nur, dass die besagte Schwägerin eine virtuose Koto-Spielerin sein soll und Google erklärte uns das Koto Instrument als eine Art japanischer Zither. "Na toll", hatte ich mir gedacht, "hören wir uns halt mal die japanische Zither an", und mir das Ganze eher als Volksmusikveranstaltung vorgestellt. Mit Musikantenstadl hatte es aber zum Glück nichts zu tun und sollte uns eher einen Einblick in eine Art von Musik geben, mit der wir vorher noch nie in Berührung gekommen waren. Das Konzert entpuppte sich als hoch interessantes Hörvergnügen und die Eindrücke reichten von sehr exotisch über "klassisch-klassisch", teils sogar rockig bis ungewollt komisch.

Die Künstlerinnen betraten nun in feinsten Kimonos die Bühne und nahmen an ihren Instrumenten Platz. Sie hatten aufwendige hochgesteckte Frisuren und ihre fast weiss geschminkten Gesichter zeigten diese typisch ausdruckslosen Mienen, die auch Markenzeichen der stolzen Geishas sind.
Im ersten Stück spielten drei Damen eine Art japanische Mandoline, die nicht mit den Fingern direkt sondern einer Art Spachtel (meinetwegen auch Pfannenwender oder Tortenheber) gespielt wird. Drei weitere Musikerinnen und der Star des Abends spielten das Koto Instrument. Und das mit vollem Körpereinsatz! Die auf Gestellen liegenden Instrumente sind nämlich relativ lang (fast 2m) und am einen Ende werden die Saiten mit einer Arte künstlicher Fingernägel gezupft, in Richtung des anderen Endes wird die andere Hand dafür benutzt mit verstellbaren Stegen die Tonhöhe zu ändern oder die gespielten Töne durch federndes Drücken der Saiten zu einem Leiern zu modulieren. Diese leiernden Töne sind für das westliche Ohr zunächst höchst seltsam, man gewöhnt sich aber daran, wenn man allmählich merkt, wie harmonisch sie sich in das gesamte Musikstück einfügen.
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Irgendwann fingen die Damen dann auch an zu singen, und zwar mit meist tiefen Stimmen auf eine sehr seltsam Choral-artige Weise. Das Ganze hat sich wirklich faszinierend angehört und plötzlich hatte ich endlich wieder das Gefühl trotz aller Verwestlichung ganz tief im mysteriösen Japan zu sein.

Das zweite Stück hat die Koto-Solistin dann alleine gespielt und ist dabei zur Höchstform aufgelaufen. Auch bei diesem Stück fing sie nach einiger Zeit wieder an zu singen, obwohl ich zuerst die Befürchtung hatte, sie würde an akutem Schluckauf leiden. Der Text besand nämlich nur aus der Silbe "Yo", zuerst leise ausgestoßen, dann immer lauter bis sie es in verschiedenen Tonlagen und Längen fast geschriehen hat. Dazu ist auch ihr Spiel auf dem Koto immer rasanter geworden.

Ich konnte mir dann ein breites Schmunzeln nicht verkneifen, da ich unweigerlich an Hape Kerkelings "Hurz" denken musste...


Danach füllte sich die Bühne wieder mit über 20 Musikerinnen, die ein rein instrumentales Stück spielten. Das letzte Stück glich eher einer Oper, diesmal waren auch männliche Sänger dabei und in Sachen Instrumente gesellte sich noch eine Querflöte dazu, die, meiner Meinung nach, extrem schräge Töne produzierte.

Insgesamt waren wir aber beide begeisert und haben und nachher bei der netten Dame aus der Gemeindegruppe für die Einladung bedankt.

Samstag habe ich dann nur mit Japanischlernen verbracht denn Sonntag bin ich zur großen Japanischprüfung angetreten. Wahnsinn, was da los war! Man hatte das Gefühl, dass alle Ausländer Tokyos an einem Platz zusammen gekommen sind. Es waren sicher über tausend Leute, die alleine an diesem Standort an dem Test (in verschiedenen Schwierigkeitsgraden) teilgenommen hatten. Da es verständlicherweise schwierig, ist eine solche multikulturelle Meute zu disziplinieren, unterliegt die Teilnahme an dem Test extrem strengen Regeln: alles ist zeitlich bis auf die Sekunde geplant, überall stehen Helfer in schwarzen Anzügen, die einem den Weg zum richtigen Prüfungsraum und nummerierten Sitzplatz weisen, alle Ansagen zum Test kommen standartisiert von CD und am Anfang werden erstmal die Konsequenzen jeglicher Regelverstöße verkundet (alles natürlich auf Japanisch). Die Gelbe Karte gibts für unerlaubtes schwätzen, aufstehen, essen, trinken, Kaugummi kauen und die Rote Karte und sorfortiger Rauswurf droht bei Täuschungsversuch oder wenn während der Hörverständnisübung das Handy klingelt. Man konnte echt meinen, die Regeln hätten wirklich jede Eventualität erfasst, allerdings sind in unserem Prüfungsraum dann doch zwei Ereignisse vorgefallen, die sicherlich ab nächstem Jahr Eingang in das Regelwerk finden werden. Zum einen sind einige Leute ganz schön aus der Ruhe geraten, als eine riesige Hornisse ihre Runden durch den verschlossenen Raum gedreht hat, zum anderen hat der Grammatikteil einen der Teilnehmer anscheinend so gelangweilt, dass er eingeschlafen ist und durch lautes Schnarchen für Gelächter gesorgt hat.

Ich hatte mich ja etwas überambitioniert gleich für die nächstschwierigere Stufe angemeldet, was mich in den letzten Wochen ganz schön hat büffeln lassen. Bei Vokablen, Kanji und Grammatik habe ich mich dann aber garnicht so dumm angestellt (sagt mir mein Gefühl). Allerdings ist der Hörverstehensteil wohl ziemlich in die Hose gegangen: Dort kamen in kurzer Abfolge über zwanzig kleine Dialoge und nach jedem musste man auf eine Frage eine von 4 möglichen Antworten auswählen. Und diese Dialoge waren mir (noch) ein bisschen zu tricky. Meist kamen die Themen aller möglichen Antworten im Dialog vor und man musste schon genau verstehen ob zB der Mann zuerst einkaufen geht und dann das Auto wäscht oder doch vorher noch die Waschmaschine repariert oder ob er das alles erst macht nachdem er seine Tante angerufen hat...
Naja, mal sehen, vielleicht konnte ich in den anderen Teilen genug Punkte sammeln. Die Probleme beim Hörverstehen haben mir aber klar gemacht, dass ich dringend ein neues Werkzeug zum Japanischtraining brauche: Einen Fernseher. Yippih! Dann kann ich mir endlich auch die bloedsinnigen japanischen Spielshows anschauen und Katze kann Sailormoon gucken...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Geniale Seite!
Danke für all die Einblicke in die japanische Kultur samt den eingebauten Fotos und Filmen! Schaue immer wieder gerne hier vorbei.